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Es werden Posts vom 2012 angezeigt.

Weihnachtsmorgen

Am Weihnachtsmorgen ist der Schnee dahin. Kalte Luft strömt durch das offene Fenster und erfüllt das ganze Haus. In der Föhre zettert die Elster. Eine Taube gurrt dazu. Nach einer Weile Vogelgeplänker mach´ ich das Fenster wieder zu.

Träume

Träume, die zerfallen, sind der Staub, in dem wir neue Wurzeln schlagen.

Auto und Schnee

Ich helfe meinem Auto aus seinem weißen Mantel. Ich werke mit dem Schneebesen. Tausend Flocken wirbeln auf, manche legen sich auf meinem roten Schal. Weiß wie Schnee. Rot wie Blut. Schwarz wie ein Morgen im Winter. Als mein Auto frei ist, schwitze ich.

Krampus

Als ich noch ein Kind war, sagte der wildeste Bursche am Morgen des fünften Dezembers zu uns Schulkameraden: „Auf d´Nacht geh ich mit den Kramperln mit. Dann kum i zu eich allen heim und rassle mit der Kettn.“ Meine Eltern bestellten nie den Nikolaus. Die Geschenke steckte Mama selbst in unsere Schuhe. Ich wusste, dass das in diesem Jahr nicht anders sein würde und freute mich, dass heuer wenigstens der Krampus kommen würde. Erwartungsfroh stand ich abends am Fenster, hatte den Vorhang angehoben und starrte in die schwarze Nacht. Manchmal meinte ich, ich hätte eine Kette rasseln gehört. Aber es waren nur die Kühe im Stall, die beim Hinlegen ihre Ketten bewegten. Irgendwann steckte mich meine Mama ins Bett. Heute morgen grinste mich ein Lebkuchenkrampus durch das Schaufenster an und ich dachte wieder an meinen Schulkameraden.

Welt

Wieder einmal geht die Welt unter. Das predigt die Frau an der Straßenecke. Mein Gefühl sagt, die Welt ist mit Luft gefüllt und jeden Tag taucht sie aufs Neue auf.

November an der Straße

Der Nebel drückt den Rauch zu Boden, der aus dem Schornstein quillt. Ich schnuppere in Eile, schon ist´s vergangen. Was bleibt ist der Geruch der Straße. Das Zischen luftdruckgebremster Sattelschlepper. Und die Krähe, die krächzend auf der roten Ampel thront.

Lebensberater

Jetzt einmal Klartext: Du hast ein Problem. Ich soll es beheben. Soweit ist alles gut. ICH WEISS ABER NICHT, WAS ICH TUN SOLL, DAMIT SICH DEIN PROBLEM IN LUFT AUFLÖST! Ich sage dir was: DU bist MEIN Problem! Du und dein Problem. Aber das kann ich dir verdammt noch mal nicht sagen. Es wäre unhöflich. Unhöflichkeit wäre in meiner Situation so blöd wie Ehrlichkeit. Ich kann mir Ehrlichkeit nicht leisten. Du würdest dein Geld für dich behalten, wenn ich ehrlich wäre. Jeder muss von etwas leben. Das ist der Punkt. Und außerdem: Zeit ist Geld. Das weiß ich, obwohl ich sonst nichts weiß. „Bei mir bist du richtig“, lege ich los, während ich mich in meinem Ohrensessel zurücklehne und die Beine übereinanderschlage. „Du bist richtig bei mir, weil ich dich verstehe. Im Gegensatz zu den anderen. Die anderen werden dein Problem nie bewältigen. Weil den anderen das Verständnis fehlt. Das ist dir doch klar, oder? Also, letztens, da hab ich wieder so ein paar andere getroffen. Absolut unfähig! Absol...

Angebot

Ich habe ein Angebot erhalten. Ich könnte es ausschlagen. Aber nein. Wer weiß, ob mir die Bäckerei genau dieses Angebot ein zweites Mal macht. Wohl kaum. Was bleibt? Na klar! Angebot annehmen. Obwohl, eins kapiere ich nicht, umso länger ich da stehe, den bunten Gutschein angucke und den Speichel in meinem Mund zusammen laufen lasse: Wer zum Teufel soll die um nur 19,19 Euro anstatt 33,97 Euro, - sprich die um sagenhaft 13,98 Euro vergünstigten -, inklusive gratis Ofenhandschuh und Stoffservitte dargebotenen, im Gesamten fünfundvierzig Stück Kaisersemmeln, Mohnflesserl, Roggenweckerl und Bierlaugen- stangerl, Jour-Vintschgerl und Kornspitze essen bevor sie schlecht werden?

Krippe

Irgendwie schon komisch. Halb verhüllt im Morgengrauen entdecke ich auf meinem Weg zur Arbeit die erste Weihnachtskrippe.

alte Damen

Warum friert alten Damen nicht in den Beinen, die unter Röcken immer nur in Strümpfen stecken? Ist es Eitelkeit? Oder gewöhnt man Kälte mit den Jahren wie ich umgekehrt die Wärme meiner Jeans?

Herbstkugel

Auf dem Gelände der Voest steht eine Kugel auf Stelzen aus Stahl. Die Kugel ist orange gestrichen und verglichen mit den anderen Gebäuden und Stahlkonstruktionen leuchtet die Kugel richtig grell. Jedesmal, wenn ich von der Autobahn komme, fällt sie mir auf. Jetzt leuchtet der Ahorn und ich denke an die Kugel aus Stahl.

Ei

Weißer und gelber Schleim, dazwischen Schalensplitter. Ein Ei liegt auf dem Gehsteig. Ich steige über die Bescherung und überlege, was passiert sein könnte, sodass ein einziges Ei ausgerechnet auf den Gehsteig fällt.

Weißes Licht

Eines Tages wird es mich holen, dieses weiße Licht, von dem alle berichten, die dem Tod von der Schaufel gesprungen sind. Daran dachte ich an diesem Morgen in der Au. Vor mir lag der Weg aus hellem Kies, der unter meinen Schuhen knirschte. Ich musste den Blick gesenkt halten, denn der Weg verschwand in einem weißen Licht. Nebel und Sonne. Blendend vereint.

jammern

Ich warte im Supermarkt an der Kassa. Die Lady hinter mir jammert ihrer Bekannten die Ohren voll. Alles wird teurer, aber wirklich alles. Und die Tochter, die will sich ein Tattoo machen lassen. Am Handgelenk. Scheußlich. Was,wenn die Tochter alt wird? Im Alter verzieht sich das Tattoo, weil der Hautumfang zunimmt. Später sitze ich im Bus. Der Typ in der Reihe vor mir jammert. Die Katze hat eine Maus auf dem Teppich verspeist. Jetzt ist der Teppich blutverschmiert. Der Hals gehört dem Vieh umgedreht. Aber dann dreht seine Alte seinen Hals um. Neben mir jammern die Schüler. Der Lehrer ist blöd. Der Busfahrer jammert über den Verkehr. Als ich heim komme jammert mein Hund. Er will was zu fressen. Also setzte ich mich an den Küchentisch, hole Stift und Papier und schreibe: Es gibt immer einen Grund um zu jammern. Jammern ist ein Grundbedürfnis. Lieber gejammert, als gar nichts gesagt. Und weil mein Hund noch immer winselt, schreibe ich: Wer nicht jammert, wird nicht gehört.

Notizbuch

Ich besitze ein Notizbuch für meine Gedanken, kein Smartphone, kein iPad. Die Seiten sind kariert, der Einband ist lila, das Leder rau. Mein Notizbuch ist mein externes Gehirn. Ich blättere durch mein externes Gehirn, denn Blättern ist viel schöner als Surfen. Ewig lieben nur die Feigen, habe ich geschrieben. Ich schmunzle, denn feige bin ich geblieben.

verzaubert

Das Dunkel verzaubert. Nur von den Häusern an der Straße, kommt Licht. Licht, das in der Dunkelheit blind macht. Ich schaue weg von der Straße. So gehe ich vorwärts und sehe kaum, wo hin ich trete. Vor mir raschelt der Hund. Neben mir spüre ich die Feuchte, die aus dem Wald dringt und unter meine Haut. Plötzlich riecht es nach Nuss. Nicht nach Nussschnecken oder Nusskeksen. Es riecht nach Nusslaub, nach Suchen und Klauben im Gras, nach kalten Gummihandschuhen, ohne denen die Finger tagelang schwarz sind, weil die Schale der Nüsse im Herbst zu schwarzer Schmiere verfault. Der Hund zieht an der Leine. Ich rufe nach ihm. So gehen wir weiter im Dunkeln am Waldrand, bis mir ein neuer Geruch in die Nase steigt. Gärende Äpfel. Mir ist, als höre ich das Donnern der alten Presse, als schmecke ich den goldenen Saft, als sage meine Mutter: „Nicht zu viel Süßmost, Kind, hockst du morgen am Klo.“

Schotterstraße

Der nasse Kies unter meinen Stiefeln riecht modrig, nach Regen, nach Herbst. Ich ziehe den Reißverschluss der Jacke zu. Meine Hände vergraben sich in den Hosentaschen. Wenn ich beim Gehen die Augen schließe und die regennasse Schotterstraße ausblende, kommt mir der Sommer in den Sinn, als der Schotter nicht nach Straße und Herbst roch, sondern nach Freiheit am Baggersee.

Ochsenherz

Mein Hund liebt Äpfel. Greife ich nach einem, steht er da, wedelt und bettelt. Ich gebe ihm den Apfelputz. Auf meinem Balkon habe ich Tomatenstauden in Töpfen angeplanzt. Auf eine Tomate freue ich mich besonders. Sorte Ochsenherz. Zwei Monate lang schaue ich dem Riesending bereits beim Wachsen zu. Ich sitze beim Computer. Durch die offene Balkontür klingt ein Schmatzen und Seufzen. Ich stürze nach draußen. Mein Hund verschanzt sich unter dem Gartensessel. Er zieht die Lefzen zu einem Grinsen und verschlingt mein reifes Ochsenherz.

abschalten

Manchmal ist mein Kopf wie ein DVD-Player, bei dem der Aus-Knopf nicht geht. Ich könnte einen neuen Player kaufen, damit der Film aufhört zu laufen. Mit meinem Kopf aber, so fürchte ich, werde ich alt.

behäbig

Ich mag es gerne, wenn der Herbst kommt. Ich mag die Behäbigkeit, die er in den Alltag bringt. Wie heute, als ich zum Spaziergang am Morgen meine Jacke auspackte, die neu ist.

behindert

Ich poliere meine Brillengläser, die zerkratzt sind, denn meine Brille ist alt. Hässlich ist sie mittlerweile auch. Das dunkle Plastik ist grün geworden. Ich bin zu faul, um zum Optiker zu gehen. Falsch. Ich bin zu beschäftigt. Ich habe schlichtweg keine Zeit, denn ich sitze vor dem Computer und schreibe. Ich packe den Brillenbügel fester und poliere heftiger. Es macht "Klock", als meine halbe Brille auf dem Boden aufschlägt. Mir klappt die Kinnlade nach unten. Ich starre auf das halbe Teil in meiner Linken. Dann auf das Putztuch. Brille und Putztuch verschwimmen im Licht. Jetzt bekomme ich Panik. Es ist scheiße nichts zu sehen. Ich schaue auf den Bildschirm vor mir. Warum musste ich meine blöde Brille putzen? Der Bildschrim ist so grell. Die Welt im Computer und rundherum besteht plötzlich aus Flecken. Ich bin behindert. Behindert. Nicht beeinträchtigt, wie die Wortklauber sagen, die das Wort Behinderung nicht mehr aussprechen, weil sie meinen den Behinderten wäre geholfen, ...

Ungarisches Wollschwein

Ich liege auf der Couch. Im Badezimmer rumpelt die Waschmaschine. Das Rumpeln wird schneller und schneller. Jetzt surrt die Maschine regelrecht und ich überlege mir, dass ich keine Wäsche sein möchte. Hinterher hätte ich einen Knopf in den Haaren, so schnell wie sich die Trommel dreht. Der Knopf ginge nie wieder raus. Ich müsste meine Haare abschneiden. Da sich meine Haare liebend gerne ringeln, sähe ich mit kurzen Haaren aus wie ein Ungarisches Wollschwein. Wie ein Schwein vorallem deshalb, weil mir die Waschmaschine so viele Haare ausreißen würde, dass mein Haar nicht nur verfilzt sondern auch schütter wäre. Die Waschmaschine steht still. Ich stehe von der Couch auf und öffne die Badezimmertür. Es riecht nach Seife, Wasser und frischer Wäsche.

Bienenpanik

Im Zickzack krabbelt die Biene über das Pflaster, fällt in die Rille zwischen den Pflastersteinen, erklimmt die Kante und weiter geht die kopflose Hatz. Mein Mitleid regt sich. Der Bienenleib vibriert im Rhythmus der gläsernen Flügel. Doch hebt sie nicht ab. Ich lasse die panische Biene laufen, obwohl ich vermute, dass ein schneller Tritt mit dem Turnschuh Gnade wäre.

Sellerie-Öko-Bus

Ich raffe meine Tasche zusammen und sprinte los. Drüben biegt der Bus behäbig in die Haltestelle. Die Ampel stoppt meinen Lauf. Sie ist rot. Ich schaue links, ich schaue rechts. Es ist kein Durchkommen. Die Autos rasen an mir vorüber. In der Haltestelle öffnet der Bus seine Türen. Die Schlange der Wartenden wird immer kürzer. Ich stutze. Ist der Bus neu oder was? Eine Aufschrift in grün zieht sich quer über die Fensterscheiben. Sellerie-Öko-Bus. Ich grinse und vergesse fast, dass ich mit dem Gemüsebus mitfahren soll. Endlich springt die Ampel um und ich laufe, was meine Beine hergeben. Als ich den Bus erwische und endlich auf einen Sitzplatz falle, entziffere ich die Aufschrift am Fenster spiegelverkehrt. Serieller-Öko-Bus.

Wald

Mein Kopf schmerzt in der Mittagsglut, bevor ich in den Wald trete. Es ist angenehm kühl. Ich atme tief ein. Das Kopfweh ist schlagartig fort. Wie glitzern die Sonne durch das Blätterdach. Wie raschelt der Wind. Seufzend lass ich mich auf der Erde nieder, wo Ameisen trockene Blätter Huckepack tragen. Eine Amsel singt. Im Hochsommer ist der Wald der beste Aufenhaltsort.

Schieflage

Bis jetzt ist alles schief gelaufen. Ich erwachte nachts, weil der Hund kotzte. Schlaftrunken stellte ich mir vor, wie ich mich aus dem Bett quäle, Kübel und Fetzen hole und aufwische. Derweil schleckte der Hund sein Erbrochenes auf. Also schlief ich wieder ein. Am Morgen hatte der Hund Durchfall. Ich stand fröstelnd im Nachtkleid auf dem Feld und sah dem Hund zu, wie es ihn plagte. Dann versäumte ich fast den Bus. Und jetzt spinnt mein Rechner. Ich starte neu. Endlich. Momentan warte ich auf Indesign.

Gedanken am Morgen

Die Fassaden sind in Gold getüncht. Doch das Pflaster träumt im Schatten. Die Morgensonne berührt den Boden nicht. Fröstelnd ziehe ich die Schultern hoch. Ich hätte eine Jacke anziehen sollen. Es ist Sommer und eigentlich Herbst.

zurück

Braun gebrannt bin ich zurück. Die Sommerpause hat mir gut getan. Jetzt freue ich mich auf die vielen Gedanken, die wiederkehren, weil ich blogge.

Pech

Ich sitze in der offenen Tür des Pferdeanhängers. Mein Hund hechelt. Ich schwitze. Es fällt mir schwer mich zu konzentrieren. Ich kneife die Augen zu und probiere es noch einmal. Ich habe mein Auto auf den Parkplatz gefahren. Aussteigen. Ums Auto herum. Beifahrertür öffnen. Hund springt raus. Beifahrertür zu. Schlüssel in Beifahrertür rein. Absperren. Der Hund läuft voraus. Was jetzt? Habe ich den Schlüssel eingesteckt? Ja sicher. In die linke Hosentasche. Ich gehe über den Reitplatz zum Stall. Durch die Stallgasse. Ich öffne die Sattelkammer. Ich nehme das Halfter vom Hacken. Ich gehe zum Offenstall. Der Hund kommt nicht mit. Er kaut an irgendwas rum. Ich öffne das Gatter. Mein Pferd steht schon da. Ich streiche ihm das Halfter über die Ohren. Ich gehe in Richtung Sattelkammer. Der Hund kaut an einem Knochen. Ich stelle das Pferd auf den Putzplatz und ziehe dem Hund den Knochen aus dem Rachen, weil er den Knochen ansonsten in der Nacht erbricht. Ich schütte Hafer in einen Eimer. Da...

Die letzten Tage

Das Ende rumort. Ich erwache mit schlechtem Magen und geh damit ins Bett. Ich glaube, wer Abschied nimmt ohne Abschied im Bauch ist trotzdem ein armer Hund.

Schwalben

Ich mag den Sommer und die Schwalben. Wie Düsenjets jagen sie über den blassen Morgenhimmel. Sie rufen – ich kann kaum beschreiben wie. Ich denke an Elektrizität. Ja! Wenn der Strom in den Überlandleitungen Töne von sich geben würde, dann klänge der Strom wie die Schwalben, wenn sie morgens von der Sommerhitze künden, die kommt.

Kirschbalance

Ich fühle mich federleicht. Als gäbe es nichts, das mich jetzt umhaut. Das Gefühl will ich auskosten. Ich strecke die Arme von mir und grüne Kirschbaumblätter streifen die Spitzen meiner Finger. Die raue Rinde kitzelt mich an den nackten Sohlen. Grinsend balanciere ich und frage mich, wie weit ich wohl komme, bevor ich springe.

Gedanken fließen

Schreiben ist Gedanken fließen lassen, schreibe ich. So ein Schmarren, denke ich und kratze mich am Hinterkopf. Ich soll was produzieren. Aber meine Gedanken vertrocknen. „Ich hab eh was produziert", mault mein Kopf. „Gedanken fließen lassen“, brumme ich, „das hast du irgendwo gelesen. Das kenn´ ich. Und mir servierst du´s.“ „Nah bitte, dann fällt mir halt nichts ein!“ Mein Kopf zieht sich beleidigt zurück Er wird ganz schwer. Ich stütze mein Kinn mit der Hand ab. Mit gekrümmten Rücken sitze ich da und starre gerade aus dem Fenster. „Jetzt hab ich´s!“ Ich fahre in die Höhe. „Was hast du?“ Mein Kopf ist ganz fahrig. „Schreib´s auf! Schreib´s auf!“ „Unser Gespräch? Echt?“ „Nah klar! Nah klar!“

Der längste Tag im Jahr ...

... stimmt mich traurig. Der Sommer hat doch noch gar nicht angefangen. Ich meine, der Sommer, der fängt bei mir an, sobald Ferien sind. Da bin ich geprägt, obwohl ich seit langem keine Ferien mehr habe, sondern Urlaub. Ich bin gespannt wie lange die Prägung anhält. Ich meine, denke ich mir mit vierzig immer noch, dass Sommer ist, wenn die Ferien beginnen? Mit vierzig bin ich länger aus der Schule als ich an Jahren in der Schule war. Ich glaube, es ändert sich, sobald ich in Pension bin. Weil ich dann immer frei habe und mich nicht mehr aufs Freihaben freuen muss.

Kiebitz

Vor mir liegt das Zuckerrübenfeld. Irgendwo, verborgen zwischen den krautigen Blättern, schreit etwas. Die Schreie erinnern mich an das Miauen der Mäusebussarde, wenn sie hoch am Himmel ihre Kreise ziehen. Ich beschatte die Augen. Kein Bussard in Sicht. Nur Kiebitze stelzen durch die Rübenblätter. Mein Hund jagt mit heraus hängender Zunge an mir vorbei. Das Miauen im Rübenfeld verstummt. Nur mein Hund japst in der Stille. Dann geschieht etwas, das ich aus Tierfilmen kenne. Als hätte einer von ihnen ein Zeichen gegeben, das meinen menschlichen Augen verborgen blieb, flattern von überall Kiebitze aus den Rüben – noch hinein ins Himmelblau. Mit miauenden Schreien stürzen sie auf die Erde nieder. Mein Hund weiß nicht, wie ihm geschieht, als die Kiebitze auf seinen Rücken hacken. Er nimmt Reißaus und jagt den Feldweg zurück, den wir gekommen sind. Die verteidigen ihre Küken, denke ich und schaue den schwarzweißen Vögeln beim Landen zu. Jetzt, wo sie wieder durch die Rüben staksen, ist alle ...

Fotos

Aus meinem wohlverdienten Spaziergang wird nichts werden, denn es gießt in Strömen. Also lade ich die Fotos von der Langen Nacht der Kirchen hoch. Jetzt verstecke ich dem Hund das Spielzeug hinter der Couch und lasse ihn suchen. Ich sitze schon viel zu lange vor dem Computer.

Bericht: Lange Nacht der Kirchen

Das hohe Kirchenschiff hatte mich eingeschüchtert. Nachmittags lag ich auf dem Balkon - eingewickelt in meine gelbe Decke, der graue Himmel über mir - und ging im Geiste meinen Auftritt durch. Da war ich noch cool. Dann, als Angela, Gerald und ich in der Kirche ankamen, packte mich das Lampenfieber wie ich es nicht kenne. Was, wenn die Leute nicht lachen können, weil Kirche und Glaube ernsthaft sind? Ich begann mit der Geschichte von Conny, deren Mutter beim Bügeln den Familienurlaub plant. Da und dort gespannte Gesichter. Mein Herz hämmerte, während ich meine Stimme den Figuren anpasste. Und dann ... Lachen. Applaus. Da war alles gut. An alle Zuhörer und Zuschauer: Danke, ihr habt mir Mut gemacht!

Stiller Regen

Es regnet in Strömen. Die Luft ist lau. Ich habe Rhabarberkuchen gebacken. Während ich in der offenen Balkontür stehe, überlege ich mir, wie friedlich die Welt plötzlich ist. Vorallem der Regen. Sein gleichmäßiges Rauschen. Die Stille, die mit ihm gekommen ist. Die Nachbarn haben aufgehört zu streiten. Oder sind ins Haus gegangen. Nachher werde ich ein Stück Rhabarberkuchen essen. Vielleicht in der offenen Tür. Vielleicht hört der Regen aber auch auf und ich gehe spazieren.

Seelentag

Ich schaukle gemächlich durch den grünen Wald. Plötzlich steht mein Pferd still, senkt den Kopf und rupft das Gras. Ich stütze den Arm am Sattelhorn und warte bis es weiter geht. Heute hab ich Zeit. Heute ist mein Seelentag. Darum lass ich die Seele schaukeln, solang mein Pferd sie schaukeln mag.

Margariten

Der Hang ist sandig. Hier und da wächst Gras, spärlich wie graues Haar auf schütterem Haupt. Nicht so im Süden. Die Sonnenseite ist üppig. Ich nenne sie Margaritenseite.

verwirrt

Sie ist alt und hat einen Stock. Die Spitze schleift hinter ihr her über den Gehsteig. Plötzlich verharrt sie, hebt den Stock. Ich hole die Alte ein. Da sehe ich es. Etwas, das klein ist, liegt in ihrer Linken. Sie zeigt dem Etwas mit dem Stock fuchtelnd die Stadt. Mein Gott, denke ich, wieder so eine Verwirrte. Im Vorbeigehen werfe ich einen Blick auf ihre bleiche Hand. Ich will wissen, was sie da hält. Schlagartig ist mein Mund trocken wie die Sahara. Ein Foto von einem Baby. Noch im Bus denke ich an die alte Frau.

Sommer im Frühling

Morgens gehe mich mit Pullover aus dem Haus. Sobald ich im Büro ankomme, hab ich den Pullover ausgezogen. Hitze, Sonne, rote Haut. Und dennoch treibt ein Lufthauch Apfelblüten an mir vorbei. Sie legen sich auf den schwarzen Asphalt, weiße Punkte, da und dort, ausgestreut wie Konfetti. Ein Faschingsscherz? Sommer im Frühling? Ich atme süßen Flieder und ehrlich, Scherz hin oder her, die Welt ist zu schön.

Geburtstag

Heute habe ich nicht Geburtstag. Und irgendwie doch. Es gibt mich, weil es dich gibt. Alles Gute zum Geburtstag, Papa.

Fliesen

Das Einkaufszentrum hat eine große Sanitäranlage. Ich werfe die Tür hinter mir zu, damit die ganzen Leute mal weg sind, der Clown, die Kinder, die Sonderangebote! Ich dreh den Wasserhahn auf und lasse das warme Wasser über meine Hände fließen. Ein neuer Einkaufstempel und die ganze Welt ist da. Warum ist der Mensch so berechenbar? Zuerst schaue ich in den Spiegel. Hinter mir ist die Wand. Weiße Fliesen in Reih´ und Glied. Der ganze Raum ist voll damit. Aber neben dem Spiegel, gleich in Augenhöhe, da ist eine Fliese, die aus der Reihe tanzt. Sie steht einen Millimeter über. Ich denke: Wenn man die Menschen auch gleichschaltet, wie die Fliesen gleich gelegt sind, dann gibt es immer noch welche, die nicht gleich sind. Lächelnd dreh ich den Wasserhahn zu. Dann kehre ich zurück in die bunte Einkaufswelt.

Wunder

Ein paar freie Tage wirken Wunder. Ich habe meinen Kaffeekonsum reduziert und ich esse weniger Schokolade. Mal sehen, wie lange mein Wunder anhält.

blass

Meine Haut ist ganz blass. Das finde ich schön im Winter. Aber jetzt muss ich in die Sonne.

Foto-Haltbarkeit

Ein Foto am PC ist wie eine Zwetschke im Tiefkühlfach - ohne Technik geht gar nichts. Ein Foto in der Hand hingegen ist wie eine Dörrpflaume - bei guter Lagerung ewig haltbar.

Glück

Glück ist ein strahlend blauer Tag und ein Kribbeln in der Nase.

gespannt

Ganz selten ist das Schreiben eine Mühe. Mein Kopf ist dann gespannt, etwa so, als hätte einer im Schädel so ein Ding angebracht – mir fällt jetzt nicht ein, wie das Ding heißt – und das Ding spreizt sich von innen gegen die Schläfen, sodass mein Kopf fast auseinander fällt. Aber von außen hält mein Schädel dagegen, weil so leicht bricht ein Dickkopf wie der meine nicht in zwei Teile. Druck von außen gegen Druck von innen. Ja, so fühlt sich das an, wenn mein Kopf gespannt ist und mir nicht einfällt, was ich schreiben soll und auch nicht, wie das blöde Ding heißt, das Schuld ist an der Plage mit dem Schreiben.

Bericht

Anfang Februar fragte mich die Leiterin der Bibliotheksfachstelle, ob ich ihr für die nächste Ausgabe des OPAC erzähle, was ich so mache, warum ich schreibe, woher ich komme und so weiter. Ich sagte ja, wir trafen uns zum Kaffee und voilá: Danke. Das war mein erstes Interview. Es hat Spaß gemacht. Artikel lesen auf der Seite Bibliotheksfachstelle der Diözese Linz ...

verführt

Wie er mich verführt, weiß er genau. Aber nicht heute. Ich werde seinem Drängen nicht nachzugeben. In der Linken halte ich die Semmel, von der ich abbeiße. Meine Rechte lege ich in den Schoß. Schon kommt er auf mich zu - unter dem Frühstückstisch - und leckt so lange mit seiner feuchten Zunge an mir herum, bis mich das Grauen packt. Ich wische meine nassen Finger im Pelz ab. Verflixt! Ausgetrickst. Wie soll er lernen, dass beim Frühstück nicht gestreichelt wird - mein verwöhnter Hund? CC0 Pixabay/MKDigitalArt

Geschichte

Ein gute Geschichte ist wie Musik und klingt weiter. CC0 Pexels

Stille

Gestern, am frühen Sonntagnachmittag, als ich auf der Couch lag, sah ich ein Stück Torte vor mir, dunkel mit Schokostreußeln und kandierter Kirsche oben drauf. Ich schluckte. So eine Torte! Das wär´ jetzt was! Ich holte mein Fahrrad unter dem Balkon hervor, schwang mich in den Sattel und radelte in den Markt hinunter. Niemand begegnete mir. Die Kirchturmuhr zeigte halb zwei. Scheinbar saß der allgemeine Bürger sonntags um halb zwei bei Kaffee und Kuchen, weil er das geplant hatte und radelte nicht, wie ich, einem Stück Torte hinterher, weil ich nichts geplant hatte. Die Konditorei hatte geschlossen. Einziger Hoffnungsschimmer: Sie öffnete in einer halben Stunde. Also sperrte ich mein Rad ab und schlenderte auf den Marktplatz. Auch der Marktplatz war menschenleer. Ich setzte mich ins gläserne Bushäusel und wartete. Zuerst war mir langweilig. Ich betrachte meine Schuhe auf dem Pflaster, das aus großen steinernen Quadern gelegt war. In Gedanken zog ich die Fugen zwischen den Steinen nach....

Keine Gedanken

Ich mach mir keine Gedanken. Ich lass die Füße über die Bettkante hängen, lass die Füße baumeln, bis sie ausgebaumelt haben. Ich springe von der Bettkante auf die Dielen. Die Dielen sind glatt. Aber ich mach mir keine Gedanken. Gar keine. Auch nicht, warum die Dielen glatt sind. Wahrscheinlich, weil der Tischler sie gehobelt hat. Ich sehe Papa. An der Wand lehnen rohe Bretter. Papa greift sich ein Brett. Er hobelt das Brett mit der Hobelmaschine. Das Brett wird glatt. Genauso glatt, wie der Boden, auf dem meine Füße stehen. Irgendwann werde ich so erwachsen sein wie Papa. Ich werde ein normales Bett haben. Kein Stockbett, von dem ich springe. Es ist schwierig nichts zu denken. Ich übe jeden Tag. Damit ich es kann, sobald ich dann erwachsen bin. Weil Papa, der lässt nie die Füße baumeln. Nicht mal im Sommer am See.

Rabe

Ich habe einen Raben geschossen. Zack! Aus dem Flug. Seine Augen sind offen, der Ausdruck ist klug. Ich betrachte den Raben. Er hängt wie am Faden. Aufgespannt. In der Luft. Ich bin stolz auf meine Jagd. Stolz auf den neuen Fotoapparat.

Weile

Wie lang ist eine Weile voller Langeweile? Ist es eine lange Weile Langeweile oder eine Weile voll mit Langeweile? Und bist du voll mit Langeweile, ist dann jede Weile eine Weile lang? Gibt es kurze Langeweilen? Ist die Weile kurz, ist dir kurzweilig? Oder kurz kurzweilig? Kurz langweilig? Lang kurzweilig? Ist das langweilig.

Dämmerschlaf

Wärme. Süße Wärme. Zehen und Ballen, Sohle, Beine, Magen und Fingerspitzen durchdringende, wohlige Wärme. Es blinzelt der Tag. Und draußen, vorm Fenster, da draußen, tschilpen die Spatzen.

Kunst verbindet

Stadl Paura ist multikulti. Gedichte, Gemälde, gesprochene Lieder, Geschichten, Akkordeon. So würde ich jetzt mal zusammen fassen, was am Freitag, 17.2., in der Landesmusikschule Stadl Paura auf dem Programm steht. Waldemar Szauer ist Maler, Lidia Szauer Schauspielerin, Dominik Szauer Akkordeonist. Die drei sind bei uns zu Gast und ich freu mich auch auf die privaten Gespräche in unserem Wohnzimmer. Veranstalter ist die Landesmusikschule Stadl Paura in Kooperation mit dem OÖ. Talenteforum. Weitere Akteure sind Josef Zweimüller ( Josef denkt ... ), Helga Spießberger, Liane Gruber, Maria Hemetsberger, Gerald Bok, Angela Appenzeller und ich vom Talenteforum. Landesmusikschule Stadlpaura OÖ. Talenteforum

Zacken wie Fühler

Ich hab sie aus dem Urlaub mitgebracht. Das ist lange her. Sie ist weiß, gedreht, mit Spitzen und Zacken, als hätte sie Fühler. Manchmal, wenn ich sie ansehe, stelle ich mir vor, wie ihre Fühler Steine abtasten. Sie umklammert die Steine, zieht ihren Körper zusammen, zieht sich vorwärts, kriechend und wogend in den Wogen des Meeres. Dann muss ich lachen. Mein zackiges Riesenschneckenhaus ist niemals gekrochen. Es war die Schnecke, die ihn ihm wohnte, und die habe ich nicht mitgenommen.

Das Bild

Blaue Striche, grüne Striche. Rot, viel rot. Der Wald im Herbst. Und wieder grün. Das Bild hängt hier seit ich denken kann. Ich denke nie an dieses Bild. Ich sehe es nicht einmal, wenn ich es sehe. Es gehört zu diesem Raum. "Von wem ist das?" fragt Agatha. "Was?" "Das Bild da." Ich lege den Kopf seitlich und schaue an die Wand. Blaue Striche, grüne Striche. Rot, viel rot. Zum ersten Mal seit Jahren sehe ich dieses Bild.

Alberndorfer Anthologie Nr. 5

Sie ist da und ich stelle fest: Der weiche Einband eignet sich besonders gut zum Lesen im Bett. Meine Geschichte über Nicole und Jonathan lese ich auch noch einmal. Sie sieht jetzt ganz anders aus. Der Buchzustand tut meiner Geschichte gut. Eigenartig. Alberndorfer Anthologie Nr. 5 Autor: Preisträger AKUT 2011 ISBN Nr: 978-3-99025-052-5 Preis: EURO 16,90 Softcover, 266 Seiten 21 x 14,8 cm Freya Verlag

bellen

Jetzt sitz ich da und tippe und hab das Tippen nicht verlernt. Erstaunlich. Ich hab so lange nicht getippt. Mein bester Freund ist zurzeit mein Bett. Einmal ist mir im Bett was eingefallen. Das hab ich mir gemerkt. Das ging so: Meine Lungen bellen, sodass meine Lungen am Bellen zerschellen. Ich hoffe, ihr hattet einen besseren Start ins neue Jahr. Alles Gute für 2012.