Das Einkaufszentrum hat eine große Sanitäranlage. Ich werfe die Tür hinter mir zu, damit die ganzen Leute mal weg sind, der Clown, die Kinder, die Sonderangebote! Ich dreh den Wasserhahn auf und lasse das warme Wasser über meine Hände fließen. Ein neuer Einkaufstempel und die ganze Welt ist da. Warum ist der Mensch so berechenbar? Zuerst schaue ich in den Spiegel. Hinter mir ist die Wand. Weiße Fliesen in Reih´ und Glied. Der ganze Raum ist voll damit. Aber neben dem Spiegel, gleich in Augenhöhe, da ist eine Fliese, die aus der Reihe tanzt. Sie steht einen Millimeter über. Ich denke: Wenn man die Menschen auch gleichschaltet, wie die Fliesen gleich gelegt sind, dann gibt es immer noch welche, die nicht gleich sind. Lächelnd dreh ich den Wasserhahn zu. Dann kehre ich zurück in die bunte Einkaufswelt.
Scheiße! Das Pferd war weg! Mia rannte über die Koppel. Die Cowboystiefel waren kacke. Klar, zum Reiten hatte der kleine Absatz seine Berechtigung. Schließlich wollte Mia nicht wegen glatter Sohlen durch die Steigbügel rutschen und bei einem Sturz womöglich hängen bleiben. Aber auf der Wiese stolperte sie. Huch! Mia schlug mit dem Gesicht auf. Das Gras war warm und weich und roch – eindeutig! Okay, dachte sie resigniert. Alte Indianerweisheit: Ist die Scheiße noch am Dampfen, kann das Pferd nicht weit gelaufen sein. Das bestätigte sich, als Mia sich aufrappelte: Völlig frei – ohne Sattel und Trense – galoppierte ihre Schwester in den Sonnenuntergang. CC0 Pexels