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Es werden Posts vom 2015 angezeigt.

Glücksstück

Du bist wie Milchkaffee zum Frühstück. Ich denk nicht darüber nach. Du bist einfach da. Ich lebe mein Leben mit dir im Fluss. Ich lebe es laut, leise, verzweifelt, mit Genuss. Ohne Bohnen würde ich Milch mit Wasser trinken. Ohne dich würde ich im Chaos versinken. Ich würde nicht an mich glauben. Meine Launen würden mir die Laune rauben. Ohne dich hätte ich keinen zum Reden. Nach Feierabend könnte ich für niemanden blödeln. Ohne dich säße ich alleine auf der Couch. Da wäre niemand, der mit mir Krimis schaut. Du bist mein Glücksstück. Genau wie Milchkaffee zum Frühstück. Und alles, alles was ich dir gebe, sind meine Talente und mein Leben. Und alles, alles was du mir gibst, ist die Gewissheit, dass du mich liebst. CC0 Pixabay/kaboompics

einfach klasse

Kinder sind klasse. Heute Morgen in der Fußgängerzone: Eine Dame küsst ihr tipptopp angezogenes Kind, rückt dem Jungen die himmelblaue Strickmütze zurecht und stöckelt von dannen. Der Bub wendet den Roller, steigt auf und gibt Gas! Er beugt sich über den Lenker, schwingt das Bein – fort rast er; auf einige Geschäftsleute und Schüler zu, die an der Straßenbahnhaltestelle warten. O Gott!, durchfährt es mich. Den Unfall sehe ich schon vor mir – Erwachsene und Kinder am Boden! Aufgeschlagene Knie und Tränen! Schimpfen und Fluchen! Da reißt der Bub den Roller herum und gleitet an den Menschen vorüber. Als der Weg frei ist, beugt er sich wieder vor. Unbekümmert saust er weiter.

Bandwurm

Ob es jemals den Versuch gegeben hat, gefühlte Sorge zu beschreiben? Für mich ist´s wie ein Bandwurm, der sich durch die Gedärme windet und langsam, ganz langsam den ganzen Mensch befällt.

stehaufhunderl

Mein Hund ist ein Stehaufhunderl. Wir machen wieder halbstündige Spaziergänge. Ich schlendere im Nebel. Er trabt, bremst, schnüffelt, trabt. Hinterher ist er müde. Aber nicht genug um aufs Bellen zu verzichten, wenn ein Radfahrer hinter der Heckscheibe auftaucht, sobald ich ihn auf der Heimfahrt mit dem Auto überhole. Früher hatte ich wenig Verständnis für faule Hundebesitzer, die ihre Hunde zu den Spazierwegen kutschieren, das Auto in der Wiesen parken, die Heckklappe aufreißen, den Hund herausklettern lassen, ein paar Meter den Weg entlang schlurfen und bei jedem Grasbüschel eine Fünfminutenpause einlegen, an dem der Hund zu schnüffeln beschließt. Heute weiß ich: so mancher Mensch ist nicht gehscheu. Sein Hund ist alt.

Seidenpapier

Mancher Morgen im Herbst ist so schön. Wie der heutige. Die Luft feucht, das Licht gefiltert wie durch rotes Seidenpapier. Alles im Park ist rot durchdrungen: die Rasenflächen und die Erde in den Rabatten, der Brunnen und die Steinfigur – alles, alles um mich. Woher wohl der Rotton kommt? Ich hebe den Blick, folge den Stämmen hinauf in die Kronen. Das Laub hat umgefärbt.

altern

Ich habe viel über meinen Hund erzählt. Er hat mich auf meinen Touren begleitet, mich zum Lachen gebracht und mir unzählige Geschichten zu erzählen ermöglicht. Jetzt lehrt er mich das Altern. Sein Körper hat sich verändern. Die Wirbelsäule steht heraus, ich kann seine Rippen zählen. Dafür hat er einen Bauch bekommen. Wenn wir eine Zehn-Minuten-Runde schaffen, hat mein Hund einen guten Moment. Und trotzdem liebt er das Leben. Wie sonntags, wo er unbedingt einen Abhang hinunter kraxeln musste. Später schob ich ihn herauf.

der Zeit voraus

Im Garten steht eine Fichte, vollbehangen mit Zapfen in hellbrauner Farbe. Auf ihrem Wipfel hockt eine Taube, wie der Weihnachtsengel auf der Christbaumspitze. Ich muss grinsen. Es ist Oktober und ich denke beim Anblick einer Taube ans Christkind.

mehr Farben

Du besitzt mehr Farben als ich lila, weiß, rosa, aquamarin Schwester Du musizierst und malst und schreibst in pink, purpur, Butterblume manchmal Du liebst, lebst träumst jeden Tag mit all deinen Farben love you CC0 Pixabay/suju

Eiszeit

Was für ein bedrohliches Naturschauspiel! Bei meinem Spaziergang gestern über die Felder schaute ich irgendwann zurück auf den Ort, aus dem ich losgegangen war. Häuser drückten sich an die Hänge, bunt zusammengewürfelt, der Kirchturm nicht höher als das höchste Haus am höchsten Hügel. Aber dahinter! Eine Wolkenwand saß dem Ort im Nacken; länger als die Hügelkette, scharf geschnitten wie ein Eisberg. Meinen Wohnort so zu sehen – die Häuser, die Hügel und die Eiswand! – verschaffte mir ein mulmiges Gefühl.

Sieben Minuten

Was für ein Tag gestern! Heute noch merke ich: So viele Hochs und Tiefs muss ich erst verkraften. Der Arbeitstag gestern verlief erfolgreich, was mich in Hochstimmung versetzte. Daheim erfuhr ich, dass mein herzkranker Hund umher gesprungen war, wie ein junger. Noch einer, der einen guten Tag gehabt hatte, schlussfolgerte ich zufrieden, packte meine Reitsachen und ab in den Reitstall. Mein Pferd wartete am Gatter, was bedeutete, dass es sich auf die Arbeit freute. Ich war glücklich. Unser Training war super. Später schaute ich eine DVD. Als Mister Elton zu Miss Woodhouse in die Kutsche stieg, polterte es in meinem Schlafzimmer. Mein Hund tauchte in der Tür auf, torkelte mit Schlagseite auf mich zu. Kurz bevor er mich erreichte, kippte er zur Seite. Ich drückte die Fernbedienung und stürzte zu ihm. Der Hund erhob sich, aber seine Beine rutschten weg. Ich schob meine Hand unter sein weiches Gesicht, streichelte seine Wange und liebkoste die haarige Nase. Sein Atem ging wie nach einem

schmutzig

Gegen Mittag drehten sie das Wasser ab. Ich hielt die teigverklebte Rührschüssel ins Spülbecken und öffnete den Hahn, als ich es bemerkte. Rinnsal statt Wasserstrahl. Mit einem Krug versuchte ich das Wasser aufzufangen. Viel habe ich nicht mehr aus der Leitung lassen können. Gerade genug zum Trinken. Stunden später komme ich mir schmutzig vor. Ich habe den Hund gekrault und bin auf dem Klo gewesen. Der Spülkasten war noch voll, aber die Leitung versiegt. Aufs Händewaschen musste ich verzichten. Wahrscheinlich ist es ohnehin ein Luxusleiden, sich nach einem halben Tag in einer sauberen Wohnung wie ein Dreckfink vorzukommen. Wie erst fühlt man sich zu Fuß, ohne Wechselkleidung und Duschgelegenheit auf einer wochenlangen Flucht?

Kellerfenster

Schaue ich aus dem Fenster, sehe ich nicht viel, nur das Nachbarhaus. Mein Fenster ist so hoch über meinem Schreibtisch, dass sich die Straße vor mir verbirgt. Manchmal huschen quer halbierte Köpfe vorüber. Bis zur Stirn reicht den Passanten mein Fenstersims.

Hinterm Bahnhof

Kennt ihr das? Man siehst etwas und gibt im Geiste einen Kommentar ab? So ging es mir heute hinterm Bahnhof auf dem Weg zur Arbeit. Ich machte eine Beobachtung und dachte: Äh, guter Mann, Ihnen ist schon klar: Sie verstecken sich hinter einer Glaswand beim Pinkeln?

Herzsommer

Draußen ist es grau und ich bin froh darüber. Endlich tankt dieser Sommer ab. Mein Sommer wäre es gewesen – heiß und trocken; jeden Morgen raus aus der Tür in Sandalen mit frisch lackierten Zehennägeln – hätte nicht mein Hund mit seinem Herz gerungen. So lebte ich meines Hundes wegen in Angst vor jedem Morgen und dem nächsten drückend heißen Tag. Denn ich liebe meinen Hund und will ihn noch behalten. Die Hitzewelle ist vorbei, sagen sie im Radio. Ich freu mich über jede Wolke und erlaube mir zu träumen: von ein paar Wochen mehr mit meinem Hund.

Diese Tage

Es gibt diese Tage, die haben Zeit und Gefühl, sie tragen deine Seele durch das Lebensgewühl. Ein solcher Tag holt dich runter von tausendeinhundert, gleichzeitig lässt er dich schweben, für Wochen wieder atmen und leben. Diese Tage sollte es geben wie Tropfen im Meer. Tatsächlich knausert Gott, schenkt diese Tage kaum her. Vielleicht einmal im Jahr. Manchmal bloß alle zwei und hin und wieder warten wir drei. Doch ich spüre eine Ahnung, ich glaube, ich weiß, wie es geht, wie ich diese Tage nun jeden Tag leb: zuerst brauch ich etwas tags zuvor, das mich weckt wie Sonnenstrahlen Salamander im Moor. Am Tag selbst steht langes Schlafen am Plan, ein Schneesturm vorm Fenster und ein Orkan. Und heult dann der Wind so richtig ums Haus, dreh ich mich im Bett um, denn ich muss nicht raus. Ja, so könnte es gehen, so würd ich gern leben. Dann wären die Tage leicht wie die Luft, so flauschig gemütlich, so schnell verpufft. Auf einen Tag folgte der nächste. Ich besuchte F

Blut

Ich habe Blut geleckt. Nein! Ich habe wieder Blut geleckt. Bühnenblut. Die Zusammensetzung ist emotional explosiv: eine Prise Anspannung, ein Löffelchen Ichwillweg, etwas Ecstasy, damit das Herz rast und ich die Zeit verliere, Lachen aus dem Publikum, Konzentration, Bravo-Rufe, die Verbeugung und dann ... Ruhe. Unendlich glückselige, tiefe, heilige Ruhe in mir, während der Applaus tobt. Das ist der Geschmack des Bühnenblutes.

Tausendsiebenhundert

Ich weiß, dass das Ende naht. Was ich nicht weiß, ist: wann. Wir waren wieder spazieren. Ich habe mir ausgerechnet, an wie vielen Tagen meines Lebens wir vermutlich gemeinsam spazieren waren. Es sind in etwa tausendsiebenhundert. Tausendsiebenhundertmal raus aus der Tür. Ab in die frische Luft. Der Hund vorne, ich hinterher, den Blick auf seine weiße Rute gerichtet, die auf und ab wippt, während er rennt, dann stoppt, kehrt macht, die Nase am Boden, bis der Speichel Sabberfäden zieht, weil irgendetwas zwischen den Steinen oder Halmen oder Sandkörnern anregend riecht. Mein Hund hat eine marode Herzklappe. Wasser sammelt sich wegen ihr in seiner Lunge. Dann hustet er. Und so stellte ich fest, dass etwas nicht stimmt. Nun füttere ich Tabletten, die das Herz stärken und das Wasser aus seiner Lunge abführen. Wie lange das gut geht? Wer kann das schon sagen? Zitat der Tierärztin: „Er ist ziemlich bedient.“ Das Dumme ist, dass ich damit gerechnet habe, eines Tages einen alten Hund zu habe

Sänger

Ein Sänger besuchte mich gestern im Garten. Er krallte sich an meiner Dachrinne fest und besang den Frühling. Herrlicher, männlicher Amselgesang.

Roman

Mein Leben ist wie ein Roman, die Protagonistin bin ich. Die Schriftstellerin auch. Das Manuskript hat achtzig Kapitel, vielleicht werden es mehr. Oder weniger, je nachdem wie viel Zeit ich haben werde. Momentan schreibe ich an Kapitel dreißig. Und ich muss sagen: Kapitel dreißig ist spannend.

Planlos

Also, momentan bin ich planlos. Ich würde gerne bloggen, wie ich früher gebloggt habe. Wöchentlich. Aber es fällt mir wenig ein. Aber eigentlich liegt es an der Zeit. Denn ich weiß noch, dass ich früher gerade deswegen Ideen hatte, weil ich mir Zeit nahm, mich hinsetzte und schrieb. Selbst wenn es manchmal nicht mehr war als: Ich schreibe, aber ich weiß nicht, was ich schreiben soll. Nach sollen Sätzen kamen die Sätze aus mir heraus. Vielleicht ist weder der Einfall, noch die Zeit, die mich am Bloggen hindert. Vielleicht sollte ich einfach schreiben. Aber eigentlich schreibe ich viel. Ich schreibe täglich. Wenn ich auch nicht mehr viel blogge, so habe ich doch meine Schreiblust zum Beruf gemacht. Ich schreibe beruflich. Ist das nicht schön?

Zeitgeist

Was ist der Zeitgeist? Alle reden vom Zeitgeist! Ich grüble ernsthaft, was er ist, der Zeitgeist. Ich frage die Leute: „Was hältst du vom Zeitgeist?“ Oh, welche Antworten ich kriege! Philosophische. Ausschweifende. Beginnend beim heute Üblichen, endend in Pessimismus. Also ehrlich, ich glaube der Zeitgeist ist tatsächlich ein Geist. Jeder sieht was anderes und alle haben hinterher Gänsehaut.

Herzklopfen

Ihr dürft mir gratulieren. Mein zweites Leben hat begonnen. Es fing an diesem Freitag auf der Straße an: Ich brauste frisch dahin. Gegenverkehr in der Kolonne. Die Kurve nahm ich, wie es sich gehört. Und als ich aus ihr hinaus kam, raste ein Auto auf mich zu – und zwar auf meiner Spur. Bremsen! Da tat sich in der Gegenverkehrskolonne eine Lücke auf. In diese schlüpfte mein Beinahemörder. Ich sage euch, ich hoffe, es klopfte ihm wenigstens das Herz wie mir.

Ein Gruß

Der Frühling grüßte mich heute Morgen. Der Weg im Park war noch gefroren, vorsichtig setzte ich meine Tritte, um nicht auszugleiten. Die Bäume standen still und schwarz zu beiden Seiten. Plötzlich durchbrach ein Ton die Winterstarre – ein Zwitschern, dann Getriller! Antwort kam von überall. Der Frühling grüßt, dachte ich, und balancierte weiter; die Vogelstimmen links und rechts flankierten als Begleiter.

Gedankenspiel

Heute hatte ich einen brillanten Gedanken, als mich der Wecker aus dem Schlaf riss. Der gleiche war es wie gestern, kurz bevor ich einschlief. Mein Gedanke war so wunderbar, so weltmännisch und einmalig, dass ich mich richtig großartig fühlte. Als nächstes dachte ich, dass ich darüber wohl die ganze Nacht gebrütet haben musste. Ich sprang aus dem Bett, schnappte den Stift, schlug das Notizbuch auf – da war der Gedanke weg. Wie sehr ich auch grübelte, ich kriegte ihn nicht zu fassen. Und so legte ich den Stift zurück. Noch ist´s mir nicht wieder eingefallen.