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Es werden Posts vom September, 2012 angezeigt.

verzaubert

Das Dunkel verzaubert. Nur von den Häusern an der Straße, kommt Licht. Licht, das in der Dunkelheit blind macht. Ich schaue weg von der Straße. So gehe ich vorwärts und sehe kaum, wo hin ich trete. Vor mir raschelt der Hund. Neben mir spüre ich die Feuchte, die aus dem Wald dringt und unter meine Haut. Plötzlich riecht es nach Nuss. Nicht nach Nussschnecken oder Nusskeksen. Es riecht nach Nusslaub, nach Suchen und Klauben im Gras, nach kalten Gummihandschuhen, ohne denen die Finger tagelang schwarz sind, weil die Schale der Nüsse im Herbst zu schwarzer Schmiere verfault. Der Hund zieht an der Leine. Ich rufe nach ihm. So gehen wir weiter im Dunkeln am Waldrand, bis mir ein neuer Geruch in die Nase steigt. Gärende Äpfel. Mir ist, als höre ich das Donnern der alten Presse, als schmecke ich den goldenen Saft, als sage meine Mutter: „Nicht zu viel Süßmost, Kind, hockst du morgen am Klo.“

Schotterstraße

Der nasse Kies unter meinen Stiefeln riecht modrig, nach Regen, nach Herbst. Ich ziehe den Reißverschluss der Jacke zu. Meine Hände vergraben sich in den Hosentaschen. Wenn ich beim Gehen die Augen schließe und die regennasse Schotterstraße ausblende, kommt mir der Sommer in den Sinn, als der Schotter nicht nach Straße und Herbst roch, sondern nach Freiheit am Baggersee.

Ochsenherz

Mein Hund liebt Äpfel. Greife ich nach einem, steht er da, wedelt und bettelt. Ich gebe ihm den Apfelputz. Auf meinem Balkon habe ich Tomatenstauden in Töpfen angeplanzt. Auf eine Tomate freue ich mich besonders. Sorte Ochsenherz. Zwei Monate lang schaue ich dem Riesending bereits beim Wachsen zu. Ich sitze beim Computer. Durch die offene Balkontür klingt ein Schmatzen und Seufzen. Ich stürze nach draußen. Mein Hund verschanzt sich unter dem Gartensessel. Er zieht die Lefzen zu einem Grinsen und verschlingt mein reifes Ochsenherz.

abschalten

Manchmal ist mein Kopf wie ein DVD-Player, bei dem der Aus-Knopf nicht geht. Ich könnte einen neuen Player kaufen, damit der Film aufhört zu laufen. Mit meinem Kopf aber, so fürchte ich, werde ich alt.

behäbig

Ich mag es gerne, wenn der Herbst kommt. Ich mag die Behäbigkeit, die er in den Alltag bringt. Wie heute, als ich zum Spaziergang am Morgen meine Jacke auspackte, die neu ist.

behindert

Ich poliere meine Brillengläser, die zerkratzt sind, denn meine Brille ist alt. Hässlich ist sie mittlerweile auch. Das dunkle Plastik ist grün geworden. Ich bin zu faul, um zum Optiker zu gehen. Falsch. Ich bin zu beschäftigt. Ich habe schlichtweg keine Zeit, denn ich sitze vor dem Computer und schreibe. Ich packe den Brillenbügel fester und poliere heftiger. Es macht "Klock", als meine halbe Brille auf dem Boden aufschlägt. Mir klappt die Kinnlade nach unten. Ich starre auf das halbe Teil in meiner Linken. Dann auf das Putztuch. Brille und Putztuch verschwimmen im Licht. Jetzt bekomme ich Panik. Es ist scheiße nichts zu sehen. Ich schaue auf den Bildschirm vor mir. Warum musste ich meine blöde Brille putzen? Der Bildschrim ist so grell. Die Welt im Computer und rundherum besteht plötzlich aus Flecken. Ich bin behindert. Behindert. Nicht beeinträchtigt, wie die Wortklauber sagen, die das Wort Behinderung nicht mehr aussprechen, weil sie meinen den Behinderten wäre geholfen,

Ungarisches Wollschwein

Ich liege auf der Couch. Im Badezimmer rumpelt die Waschmaschine. Das Rumpeln wird schneller und schneller. Jetzt surrt die Maschine regelrecht und ich überlege mir, dass ich keine Wäsche sein möchte. Hinterher hätte ich einen Knopf in den Haaren, so schnell wie sich die Trommel dreht. Der Knopf ginge nie wieder raus. Ich müsste meine Haare abschneiden. Da sich meine Haare liebend gerne ringeln, sähe ich mit kurzen Haaren aus wie ein Ungarisches Wollschwein. Wie ein Schwein vorallem deshalb, weil mir die Waschmaschine so viele Haare ausreißen würde, dass mein Haar nicht nur verfilzt sondern auch schütter wäre. Die Waschmaschine steht still. Ich stehe von der Couch auf und öffne die Badezimmertür. Es riecht nach Seife, Wasser und frischer Wäsche.