Das Dunkel verzaubert. Nur von den Häusern an der Straße, kommt Licht. Licht, das in der
Dunkelheit blind macht. Ich schaue weg von der Straße. So gehe ich vorwärts und sehe kaum, wo
hin ich trete. Vor mir raschelt der Hund. Neben mir spüre ich die
Feuchte, die aus dem Wald dringt und unter meine Haut. Plötzlich riecht es nach Nuss. Nicht
nach Nussschnecken oder Nusskeksen. Es riecht nach Nusslaub, nach
Suchen und Klauben im Gras, nach kalten Gummihandschuhen, ohne denen
die Finger tagelang schwarz sind, weil die Schale der Nüsse im
Herbst zu schwarzer Schmiere verfault. Der Hund zieht an der Leine. Ich rufe
nach ihm. So gehen wir weiter im Dunkeln am Waldrand, bis mir ein
neuer Geruch in die Nase steigt. Gärende Äpfel. Mir ist, als höre
ich das Donnern der alten Presse, als schmecke ich den goldenen Saft,
als sage meine Mutter: „Nicht zu viel Süßmost, Kind, hockst du morgen am Klo.“
Scheiße! Das Pferd war weg! Mia rannte über die Koppel. Die Cowboystiefel waren kacke. Klar, zum Reiten hatte der kleine Absatz seine Berechtigung. Schließlich wollte Mia nicht wegen glatter Sohlen durch die Steigbügel rutschen und bei einem Sturz womöglich hängen bleiben. Aber auf der Wiese stolperte sie. Huch! Mia schlug mit dem Gesicht auf. Das Gras war warm und weich und roch – eindeutig! Okay, dachte sie resigniert. Alte Indianerweisheit: Ist die Scheiße noch am Dampfen, kann das Pferd nicht weit gelaufen sein. Das bestätigte sich, als Mia sich aufrappelte: Völlig frei – ohne Sattel und Trense – galoppierte ihre Schwester in den Sonnenuntergang. CC0 Pexels