Ich warte im Supermarkt an der Kassa. Die Lady hinter
mir jammert ihrer Bekannten die Ohren voll. Alles wird teurer, aber
wirklich alles. Und die Tochter, die will sich ein Tattoo machen
lassen. Am Handgelenk. Scheußlich. Was,wenn die Tochter alt wird? Im
Alter verzieht sich das Tattoo, weil der Hautumfang zunimmt. Später sitze ich im Bus. Der Typ in der Reihe vor
mir jammert. Die Katze hat eine Maus auf dem Teppich verspeist. Jetzt
ist der Teppich blutverschmiert. Der Hals gehört dem Vieh umgedreht. Aber dann dreht seine Alte seinen Hals um. Neben mir jammern die Schüler. Der
Lehrer ist blöd. Der Busfahrer jammert über den Verkehr. Als ich
heim komme jammert mein Hund. Er will was zu fressen. Also setzte ich mich an den
Küchentisch, hole Stift und Papier und schreibe: Es gibt immer einen Grund um zu jammern. Jammern ist ein Grundbedürfnis. Lieber gejammert, als gar nichts gesagt. Und weil mein Hund noch immer winselt,
schreibe ich: Wer nicht jammert, wird nicht gehört.
Scheiße! Das Pferd war weg! Mia rannte über die Koppel. Die Cowboystiefel waren kacke. Klar, zum Reiten hatte der kleine Absatz seine Berechtigung. Schließlich wollte Mia nicht wegen glatter Sohlen durch die Steigbügel rutschen und bei einem Sturz womöglich hängen bleiben. Aber auf der Wiese stolperte sie. Huch! Mia schlug mit dem Gesicht auf. Das Gras war warm und weich und roch – eindeutig! Okay, dachte sie resigniert. Alte Indianerweisheit: Ist die Scheiße noch am Dampfen, kann das Pferd nicht weit gelaufen sein. Das bestätigte sich, als Mia sich aufrappelte: Völlig frei – ohne Sattel und Trense – galoppierte ihre Schwester in den Sonnenuntergang. CC0 Pexels