Ich sehe ihr zu, wie sie wächst. Eigentlich sehe ich nichts. Das ist ja das Komische an den Blumen. Täglich sind sie größer, wenn man sie anschaut. Aber schaut man sie an, dann sind sie still. Wie grüne Statuen. Keine Knospe bricht plötzlich auf, sodass man zusehen kann mit bloßem Auge. Ja, es ist wahrlich das Komische an den Blumen, dass man nichts sieht von ihrem Wachsen. Nur irgendwann blühen sie dann.
Scheiße! Das Pferd war weg! Mia rannte über die Koppel. Die Cowboystiefel waren kacke. Klar, zum Reiten hatte der kleine Absatz seine Berechtigung. Schließlich wollte Mia nicht wegen glatter Sohlen durch die Steigbügel rutschen und bei einem Sturz womöglich hängen bleiben. Aber auf der Wiese stolperte sie. Huch! Mia schlug mit dem Gesicht auf. Das Gras war warm und weich und roch – eindeutig! Okay, dachte sie resigniert. Alte Indianerweisheit: Ist die Scheiße noch am Dampfen, kann das Pferd nicht weit gelaufen sein. Das bestätigte sich, als Mia sich aufrappelte: Völlig frei – ohne Sattel und Trense – galoppierte ihre Schwester in den Sonnenuntergang. CC0 Pexels